Gelebte Tradition und Zukunft - Von der Kniewelle zum Großverein

Von Werner Bache

Mit einer Feier im Rahmen des Vereinsausschusses und Ehrungen wurde die Veranstaltungspalette zum 150-jährigen Jubiläum des TSV Zella-Mehlis abge-
schlossen . Zugleich wurden weitere Weichen für einen zukunftsträchtigen Verein für alle Alters- und Leistungsklassen nach dem Motto

„Tradition bewahren – Zukunft leben und gestalten!" gestellt.

Zella-Mehlis – „Zu einer festlichen Beratung des Vereinsausschusses möchten wir stellvertretend für unsere gesamte Mitgliedschaft verdienstvollen Frauen und Männern sowie Partnern und Gästen herzlich danken für das Engagement nicht nur im Jubiläumsjahr“, hieß es in der Einladung von TSV-Präsident Wolfgang Schlegelmilch. Doch jenes „Vereinsausschuss-Beratung“ ist im positiven Sinne gehörig untertrieben. Es war ein überaus locker und professionell inszeniertes Event im Vereinshaus „Am Köpfchen“. Das Programm bereicherten auch das Bläser-Ensemble der Zella-Mehliser Musikschule unter der Leitung von Matthias Schmeiß und die Tänzerinnen des SCV „Ikalla“ Suhl überaus erfrischend.

Schon der Augenschmaus, den die Vereinsstätte über den Dächern der Ruppbergstadt nach einer auch mit viel Ehrenamtsarbeit erfolgten Modernisierung mit einer imponierenden, farbigen Gestaltung innen und außen bietet, sorgte für massenhaft Komplimente. Damit hielten sich auch die prominenten Gäste aus Wirtschaft, Politik und natürlich Sport nicht zurück. An der Spitze standen Stadtoberhaupt Richard Rossel „mit Begleitschutz von Altbürgermeister“ (O-Ton W. Schlegelmilch) Karl-Uwe Panse, Vize-Landrat Klaus Thielemann und Rolf Beilschmidt, Hauptgeschäftsführer des Landessportbundes. Hingucker und auch Orte für so manchen Talk über die Vereinshistorie war die von den Abteilungen gestaltete Jubiläumsausstellung, die die Flure und Räumlichkeiten dekorieren. Die historische Schau wird übrigens demnächst auch im Rathaus zu sehen, versprach Bürgermeister Richard Rossel spontan.

Natürlich fehlte auch eine Zeitreise nicht, die so manche schmunzelnde Passage enthielt. Aber auch nur allzu gegenwärtig Zutreffendes, hier vor allem die Geldsorgen, fehlte nicht.

Kleine Kostprobe aus Gründerprotokollen vor 150 Jahren: „Im Juli 1862 wurde auch in unserem lieben Mehlis der Gedanke laut, zu turnen. Welch schöner Gedanke! Es sollte durch Körperpflege Kraft, Gewandtheit, Disziplin, Selbstbeherrschung erzielt werden. Zum ersten Turnplatz wurde ein kleiner Platz vor dem Paul Eck’schen Wohnhaus an der Linde auf dem Eisenberg erkoren. Bald war ein Reck aus zwei buchenen Stämmchen und eingekeilter Stange errichtet. Welch ein Wunderding! Schwingen, Kniewelle und dergleichen wurden riskiert, mancher Purzelbaum mit lauten Lachsalven quittiert.“ Eigene Turngeräte gab es nicht und ein milder Geber, der solche stiftete fand sich nicht“.

Auch um die Saalmiete wurde clever gefeilscht. Zu lesen ist beispielsweise: „Da Ernst Weinaug jährlich 12 Taler Miete fürs Vereinslokal verlangte, zogen wir in die Stadt Wien, Wirt Schellhorn stellte den Saal für 8 Taler zur Verfügung.“

Einig ist man sich heute, dass die Gründung des nunmehrigen TSV am 15. Oktober 1993 aus den Vorgängern BSG Robotron und BSG Motor Ost sowie den Wendeturbulenzen geschuldeten kurzzeitigen TSV 1861 und 1862 ein richtiger Schritt war. Präsident Wolfgang Schlegelmilch: „Mit dem Zusammenschluss beider Vereine wurde ein jahrzehntealter Traum verwirklicht und war zum anderen ein Gebot der Stunde und der Vernunft.“

Heute ist der TSV mit 1153 Mitgliedern, darunter 333 Kinder und Jugendliche, in 20 Abteilungen und sieben allgemeinen Sportgruppen in 17 Sportarten der zahlenmäßig größte Verein in Südthüringen und gehört zu den Top-Zwölf im Freistaat. 112 ehrenamtliche Trainer und Übungsleiter, davon 62 mit gültiger DOSB-Lizenz, sorgen für entsprechende fachliche Kompetenz bei der körperlichen Ertüchtigung des vor allem breitensportlich orientierten Großvereins. 37 Mannschaften waren bei nationalen und internationalen Meisterschaften allein im Jubiläumsjahr am Start. An den sieben Titeln, fünfmal Silber und neunmal Bronze haben die Rennrodler, Tennisspieler, Leichtathleten und Schwimmer den größten Anteil. Allein acht Mannschaften stehen im Tennis, Hand-, Faust- und Volleyball sowie im Tischtennis im Spielbetrieb der Oberligen.

Mit den am 21. Januar 1994 nach zähen Verhandlungen abgeschlossenen Erbpachtverträgen über 99 Jahre für die Tennisanlage, den Sportplatz „Am Köpfchen“ sowie der Falkensteinhütte hat der Verein einen gehörigen Euro-Brocken zu stemmen. Präsident Schlegelmilch: „Ob wir so etwas heute nochmals unterschreiben würden, glaube ich nicht so recht. Aber wie auch immer: Eigentum verpflichtet. Die Stadt ist dabei ein lobenswerter Mitstreiter.“

Bürgermeister Rossel in seiner Jubiläums-Laudatio bekannte dazu: „Verein und Stadt haben gemeinsame Interesse. Wir geben Unterstützung und wissen dabei, dass es nicht genug ist. Darum vielmals Dank für das, was der Verein geleistet hat und zukünftig tun wird.“